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Technisches zum Brettchenweben

Brettchenweben ist eine einfache Angelegenheit, doch mit zunehmender Komplexität der Muster steigt der Anspruch. Das gilt sowohl für die Technik selbst als auch für die zugrundeliegende Mathematik. Keine Angst, ich halte hier keinen Exkurs in die Algebra, obwohl ich diesen Bereich ausgesprochen spannend finde und in meinen Kursen durchaus lehre ;)

Ich arbeite normalerweise mit GTT, zumindest noch, bis wir unser eigenes Programm fertig gestellt haben. Entsprechend halte ich mich hier an die Konventionen, die GTT aufstellt.

Hier ein kurzer Überblick über das Brettchenweben. Detailliertere Beschreibungen befinden sich im Bereich Kurse. Im Bereich Bilder sind Großansichten der von mir gewebten Beispiele unten zu sehen. Bänder, die von anderen gewebt wurden, sind extern verlinkt.

Geschichte und Geographie

Brettchengewebte Bänder sind in Europa bis in die Eisenzeit nachzuweisen.

Geographisch scheint das Brettchenweben keinerlei Grenzen zu respektieren, nicht einmal Ozeane konnten die Technik aufhalten. Unterschiede zeigen sich lediglich in den Mustern.

In den letzten Jahren hat das Re-Enactment dazu beigetragen, daß die Technik wiederbelebt und mit neuen Impulsen versehen wurde. Kein Mittelalter-Markt, der auf sich hält und nicht mindestens eine(n) Brettchenweber(in) aufzuweisen hat :)

Das Internet im allgemeinen und das WWW im Besonderen haben bewirkt, daß sich Synergien bilden konnten. Weber(innen) tauschen weltweit Muster und Ideen aus, analysieren historische Vorlagen und entwickeln Techniken, von denen sich oft nicht sagen läßt, ob sie neue oder wiederenteckte sind.

Techniken

Gemeinhin unterscheidet man drei Stränge: Schnurbindung (engl: Threaded-In), Doppelseitig (engl: Double-Face) und Broschierung (engl: Brocaded).

Jede Technik hat ihren eigenen Reiz und ihre typischen Herausforderungen.

Schnurbindung

Von Schnurbindung spricht man gewöhnlich dann, wenn die anderen, genaueren Bezeichnungen nicht greifen. Ein Konsens, was genau Schnurbindung ist, hat sich noch nicht herausgebildet.

Bei Bändern in Schnurbindung läßt sich allerdings sagen, daß die Anzahl der Drehungen in eine Richtung gewöhnlich mit der Anzahl der Löcher in einem Brettchen übereinstimmt und das Muster durch diese Drehungen erzeugt wird. Das schließt allerdings keineswegs aus, daß sehr komplexe Drehsequenzen verwandt werden, die dann entsprechend aufwendige Muster erzeugen.

ein Band in Schnurbindung
Dieses Band ist in Schnurbindung mit einer 4-4 Drehsequenz gewebt.

Band in Schnurbindung
Auch dieses Band ist in Schnurbindung gewebt. Die Drehsequenz erstreckt sich über 56 Drehungen, bei denen einige Brettchen vorwärts und andere rückwärts gedreht werden.

Doppelseitig

Doppelseitiges Weben zeichnet sich dadurch aus, daß je zwei Kettfäden ein Grundmuster bilden, während mindestens ein weiterer Kettfaden für die Musterbildung verantwortlich ist. Die Brettchen haben meistens vier Löcher, die Drehsequenz wird allerdings auf 2-2 reduziert.

Hier lassen sich prinzipiell zwei Untermengen bilden: zwei- und dreifarbige Bänder.

Zweifarbige Bänder haben das Negativ des Musters auf der Rückseite. Ihre Struktur erscheint gerade, eine Neigung des Gewebes ist nicht so offensichtlich wie bei der Schnurbindung. Das Gewebe erscheint lockerer als andere, weil der Hintergrund stets durch eine kurze Flottierung gebildet wird.

Band in Double-Face
Die Double-Face Technik ist fein genug, Schriftbänder wie dieses zu erzeugen.

Zu den zweifarbigen Bändern im Double-Face gehören auch die Bänder in Köperbindung. Bei diesen ist die Neigung sehr deutlich, das Gewebe erscheint dichter als bei der gewöhnlichen Double-Face Technik.

Bei dreifarbigen Bändern ist die Gewebeneigung sehr gut sichtbar. Durch die spezielle Schärung und die Verwendung nur eines Kettfadens für die Musterbildung erscheinen die Muster fein und präzise.

dreifarbiges Double-Face
Bei diesem dreifarbigen Double-Face ist der gelbe, musterbildende Kettfaden deutlich sichtbar.

Broschierung

Broschierte Bänder haben gewöhnlich einen Hintergrund aus einer oder mehreren Farben, dabei können sämtliche Techniken verwandt werden. Durch die Verwendung eines zusätzlichen Schußfadens, der lediglich zur Zierde eingewoben wird, entsteht eine weitere Muster-Ebene. Für diese Technik werden häufig Metallfäden benutzt, weil man auf diese Weise prunkvolle Muster mit minimalem Materialeinsatz erreichen kann.

Leider kann ich hierfür nur einen externen Link anbieten. Ich warte noch auf ein Goldblech für eigene Experimente :)

Anwendung

Ausreichend breite Bänder in Schnurbindung tragen mühelos mehrere Zentner Gewicht, entsprechend vielfältig sind die Anwendungsmöglichkeiten. Ich verwende Bänder als Trageriemen, Zierborten, Gürtel, Verschlüsse und Lesezeichen. Nebeneinander genäht, ergeben sie Decken und Taschen.